Kunst der Elite

Die Kunst der Elite


Mit der Etablierung der Beamtenprüfungen ab der Zeit der Tang-Dynastie, nahm die Kunst eine besondere Funktion innerhalb der chinesischen Elite ein. Kunst wurde meist von Gelehrten und Beamten ausgeführt, welche sich während ihres Studiums mit den konfuzianischen Klassikern beschäftigt hatten. Durch den Konfuzianismus, welcher den Standpunkt einnimmt, dass man sich an den Künsten erfreuen solle, fand diese Art des visuellen Ausdrucks großen Anklang. Personen, welche in der Lage waren, sich durch Kunst auf herausragende Weise ausdrücken zu können, würden die Wunder der Welt zum Leben erwecken. Dies bescherte ihnen besonders hohe Anerkennung. 

Im Laufe der Zeit war es den Gelehrten, welche viel Zeit und Mühe in ihr Studium investierten hatten, immer mehr ein Anliegen, unabhängig von äußeren Einflüssen und mittels der Kunst, ihre eigene Persönlichkeit auszudrücken. Daher entstanden 2 verschiedene Kunstrichtungen: die der Akademiemalerei, welche sich nach den Vorgaben des Hofes richtete, und die der unabhängigen Gelehrten. Die Intention der unabhängigen Gelehrten für ihre Kunst entstammte aus dem Wunsch der Förderung der eigenen Person. Auffallend ist, dass sich viele der Künstler den philosophischen Schulen zuwendeten. Waren sie durch ihr Studium bereits geprägt durch den Konfuzianismus, wendeten sie sich im Laufe ihres Lebens häufig dem Buddhismus oder Daoismus zu. 

Die Kalligraphie besaß eine bedeutende Funktion für die Kunst Chinas. Grund hierfür ist, dass ein Bild schon früh mehrere Bestandteile beinhaltete, zu welchen die Malerei, die Poesie und die Kalligrafie gehörten. Zu den ersten Künstlern, welche diese Form verwendeten, gehörten Wang Xizhi (王羲之) und Wei Shuo (卫铄) aus der Jin-Dynastie (265-420 Jh. n. Chr.). 

Es gibt verschiedene Arten von Kalligrafie, welche vom Hof validiert und genormt wurden. Am Hofe wurde unter anderem die Konzeptschrift (草书) verwendet, welche ebenfalls verschiedene Unterkategorien besitzt. Sie zeichnet sich durch ihren anmutigen, abstrakten Charakter und ihre schnelle Schreibgeschwindigkeit aus. Beispielhaft für diese Art der Kalligraphie ist Huang Tingjian黄庭坚 zu nennen. Die Kalligrafie bot ebenfalls eine Möglichkeit für die Gelehrten sich weltflüchtig (Li Bai 李白) oder sozialkritisch (Du Fu 杜甫, Zhu Derun 朱德润) zu äußern. 

Mit der Vollendung des Beamtenstaates entstand ab Beginn der nördlichen Song-Dynastie ein neues Kulturverständnis der Elite. Die Kunst wandelte sich zu verfeinerten, urbanen Darstellungen. Die hauptsächlich durch Landschaftsmotive geprägte Malerei an der kaiserlichen Akademie unterschied sich von anderen Künstlern, welche sich nicht auf eine rein realistische Darstellung von Dingen beschränkten (Literaten-Malerei: wén rén huà 文人画). Das Wesen der Literaten-Malerei lag für jene, welche ihrer Kunst unabhängig vom Hof nachkahmen, in Ausdruckskraft, Individualität, Pinselführung und in der Darstellung der Persönlichkeit des Künstlers selber. Man malte ohne etwas zu erwarten. Dies implizierte oft, dass die gemalten Bilder nicht verkauft wurden. Bilder sollten der Förderung des eigenen Geistes dienen. Aufgrund dieser Einstellung wendeten sich viele Künstler den philosophischen Schulen zu und isolierten sich von der Gesellschaft. Des Weiteren entstand durch das allgemeine Konzept der Malerei eine Unterscheidung zwischen Künstlern von Amateur-Gelehrten-Charakter und professionellem Handwerk.

Einer der bekanntesten Künstler der Song-Dynastie, welcher als erster den Begriff der Literaten-Malerei prägte, war Su Shi. Dieser ist allgemein unter seinem Künstlername Su Dongpo  苏东坡 bekannt. Su Dongpo ist nicht nur für seine Dichtkunst, sondern auch für seine Tuschemalerei bekannt. Ein weiteres Beispiel für die Literaten-Malerei ist der Künstler Liang Kai (梁楷). Dieser war ein Akademiemaler am Hof der südlichen Song-Dynastie. Später wendete er sich dem Zen-Buddhismus zu. Für seinen Stil charakteristisch war, dass seine Bilder unvollendet wirkten. Zurückzuführen ist dies auf den Sketch-Stil, auf welchen er zurückgriff und welcher in besonderem Maße mit der buddhistischen Gedankenwelt zusammenhing. Wen Tong (文同) war ebenfalls ein besonderer Künstler der Song-Dynastie. Seine Kunst zeichnet sich dadurch aus, dass er mit 2 Pinseln gleichzeitig Bilder auf Bambus erstellte.

Einen Gegensatz zu dieser vom Hof unabhängigen Kunst stellte Zhao Mengjian (赵孟坚) dar, welcher eine hohe Position am Hof innehatte. Vergleichbar ist die Kunst des Zhao Mengfu (赵孟頫), welcher ein Abkömmling des Song-Kaiserhauses war. Während der Zeit der Yuan-Dynastie war er am Hofe Khubilai Khans tätig. Einer seiner Grundgedanken war, dass man sich selbst kultivieren müsse anstatt vorgeschriebenen Regeln zu folgen. Daher war er darauf bedacht, geistig unabhängig zu sein. Aus diesem Grund isolierte er sich immer mehr von der Gesellschaft, und wendete sich schließlich dem Buddhismus zu. Für seine Bilder charakteristisch ist ihre naturalistische Darstellung. Die Werke seiner Frau Guan Daosheng (管道昇) fanden großen Anklang bei Kaiser Renzong (仁宗). 

Huang Gongwang (黄公望) war ursprünglich ein Beamter der Yuan-Dynastie, welcher jedoch schnell seinen Posten wieder verlor, und sich daraufhin den daoistischen Studien zuwendete und zurückzog. Charakteristisch für seine Landschaftsmalerei war, dass sie vom allgemeinen Stil abwich, indem er sowohl viele kleine Pinselstriche, als auch die cun-Technik verwendete. Ein weiterer wichtiger Künstler der Yuan-Dynastie war Zhu Derun (朱德润) welcher durch seine hohen Ämter Kontakt zu Gelehrten aus Korea besaß. Später zog er sich zurück und lebte als Maler und Kalligraf, wobei sich seine Werke durch Perspektivverschiebung auszeichnen und er Kritik an der Regierung ausübte. Wang Meng (王蒙) war einer der 4 großen Literatenmaler der Yuan-Dynastie, und unterschied sich von den anderen 3 durch seinen breiteren Pinselstrich. 

Shen Zhou, welcher ein Maler der Wu-Schule war, malte unabhängig vom Hof des Herrschers. Er entzog sich der Verpflichtung am Hof mit dem Argument der Kindespietät des Konfuzianismus. Er ist bekannt für seine Bilder und Gedichte. Für ihn waren Bilder Ausdruck des Künstlers selber, weshalb ihm eine unabhängige Malerei sehr wichtig war. Seine Bilder verkaufte er nie. 

Sein Schüler Tang Yin, auch bekannt als Dong Qichang (董其昌), beabsichtigte die naturgetreue Darstellung der Landschaft. Zudem führte er eine Einteilung zwischen zhe-Schul- und wu-Schulmalerei durch, weshalb er als ein früher Kunsttheoretiker bekannt ist.

Quelle: Clunas, C. (1997): Art in the Life of the Élite. In: Art in China. Oxford University Press, USA. S.: 135-171.

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